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Taufe und Beschneidung

von Tilo Kirchhoff, 20.10.2023

Wer durch das Erzgebirge fährt, sollte auch in die Zschorlauer Kirche schauen. Da sie in der zweiten Reihe steht, übersieht man sie schnell. Und trotzdem lohnt ein Besuch. Neben vielen anderen Schätzen ist die Decke als große Bilderbibel gestaltet. Blickt man vom Altarplatz aus an die Decke, reihen sich auf der linken Seite die Evangelisten und Apostel aneinander und auf der rechten Seite die Propheten des Alten Testamentes. In der Mitte wurde das Leben Jesu gestaltet und daneben, sozusagen auf der Seite des Alten Testamentes, eine typologische Entsprechung. Reformatorisches Denken wird hier in Bildern dargestellt.

Taufe Jesu - Bild der Kirchendecke in Zschorlazu400x552

Natürlich fehlt bei dem Streifzug durch das Leben Jesu seine Taufe durch Johannes im Jordan nicht. Interessiert, kritisch scheint der Jünger Johannes zuzuschauen und zu fragen: "Braucht Jesus das? Er ist doch selbst Meister?" Wer nachließt bei Matthäus (3, 13ff) stellt fest: Selbst Johannes der Täufer wollte Jesus nicht taufen. Warum auch? Eigentlich müßte Jesus Johannes taufen.

Überraschend ist die Antwort Jesu: "Laß es jetzt zu! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen." Jesus antwortet im Zusammenhang mit der Taufe einfach mit: "So gehört es sich", "So ist es gute Ordnung." Kein Grundsatzreferat, sondern der Verweis auf die Erfüllung einer gelebten Glaubenspraxis reicht aus.

Was sind bei uns oft für Argumente im Zusammenhang mit der Taufe nötig. Für viele ist sie längst nicht mehr gute Ordnung, eine Selbstverständlichkeit. Wir wollen überzeugt werden. Jesus odnet sich dagegen einfach ein. Stellt sich an. Macht sich auch an dieser Stelle mit den Menschen gleich. 

Und unser Vater im Himmel sagt Ja zu dieser Taufe. Der Himmel geht auf. Der heilige Geist kommt in Form einer Taube. Und dann das Bekenntnis des Vaters zu seinem Sohn. Lest es nach. Der Ablauf war schlicht, ohne großes Tam Tam aber mit einem wunderbaren Ende: Gott bekennt sich zu seinem Sohn.

Merkt ihr, auch bei der Taufe Jesu ist unser Vater im Himmel der Handelnde. Johannes, so groß er im Bild auch dargestellt wird, ist nur Werkzeug, nicht mehr und nicht weniger. Unser Vater im Himmel dagegen stellt kar, Jesus gehört zu mir.

Schauen wir auf das Bild mit der Beschneidung Isaaks. In der Bildunterschrift ist ein Zahlendreher drin. Nicht nur uns Vielschreibern kurzer Botschaften auf unseren Handys passiert so etwas. Auch den alten Meistern sind solche Fehler unterlaufen. "Genesis, 21. Kapitel" hätte es richtig heißen müssen, aber das nur für die, die den Bericht in der Bibel nachlesen wollen. 

Beschneidung Isaaks Bild der Kirchendecke Zschorlau

Interessant ist die Parallele zur Taufe. Die Beschneidung ist das Bundeszeichen zwischen Gott und seinem Volk. Es ist ein Gehorsamsschritt. Beschneidet Eure Kinder am 8. Tag. Das heißt doch, von Anfang an sollen die Kinder sichtbar in seinen Bund gehören. Umgekehrt, wer nicht beschnitten wird, gehört nicht dazu. Wer es tut, akzeptiert unseren Vater im Himmel. Er tut, was ihm von Gott aufgetragen wurde, jedenfalls an einem Punkt. 

Ich weiß, Regeln sind nicht mehr unser Ding, jedenfalls dann nicht, wenn sie uns nicht in den Kram passen. Einfach etwas tun, um sich ein- oder gar unterzuordnen, ist aus der Zeit. Da komme ich ja mit meinen Besonderheiten zu kurz. Ich will selbst entscheiden. Ich bin das Maß der Dinge. Und überhaupt, was nutzt denn so ein Zeichen, so eine symbolische Handlung?

Nein, bei der Taufe bist weder du, noch ich als Pfarrer das Maß, auch wenn es um dich und mich geht. Bei der Taufe ist unser Vater im Himmel Alles in Allem. Er handelt. Er wirkt. Er bekennt sich zu dir. Er schenkt dir seinen Geist. Und sie bleibt, ein Leben lang, auch wenn das Wasser längst getrocknet ist, so wie die Beschneidung ein Leben lang bleibt. Beides kann nicht rückgängig gemacht werden. Sie erinnern ein Leben lang an den Bund, den unser Vater im Himmel mit dir duch Jesus Christus geschlossen hat. 

Nein, beschnitten müssen wir nicht mehr werden. Jesus hat uns statt dessen die Taufe aufgetragen. Sie ist unser Bundeszeichen auf dem Weg durch das Leben. Ist das nicht herrlich? Unser Vater im Himmel bekennt sich zu uns, nimmt uns an! Bleibt für uns, standesgemäß, also als seine Kinder zu leben und uns dadurch zu ihm zu bekennen. Das ist die Herausforderung, die es gilt, jeden Tag anzunehmen und auszufüllen.

Übrigens, das folgende Bild in der Zschorlauer Kirche stellt Jesus am Kreuz dar. Unser Vater im Himmel mutet seinen Kindern also auch manches Schwere, manchmal schier Untragbare zu. Aber auch da ist er dabei. Er geht mit. Und dann schenkt er neues Leben.

Auch das ist in der Zschorlauer Kirche dargestellt. Interessant sind auch da die Vorläufergeschichten aus dem Alten Testament. Doch die könnt ihr euch selbst bei Gelegenheit dort anschauen. Ihr merkt, ein Besuch im Erzgebirge ist interessant, auch wenn es nicht zum Lichtelfest nach Schneeberg, zur Annaberger Kät oder auf den Schwarzenberger Weihnachtsmarkt geht.