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Stoffe im Gottesdienst - einfach nur Deko oder steckt da mehr dahinter?

von Gabriele Heinz, 03.03.2022

Tuch an Lesepuld

Im Erzgebirge erzählte mir eine ältere Dame voller Stolz, dass sie jedes Mal, wenn sie sich einen neuen Mantel, eine neue Jacke oder Bluse gekauft hat, diese zum ersten Mal zum Gottesdienst anzog. Nein, das war keine Frau, die den anderen zeigen wollte, was sie sich schon wieder Tolles geleistet hat. Sie wollte nicht angeben. Aber sie wollte zum Gottesdienst das Beste, das Schönste anziehen, was sie gerade hatte. Sie wollte mit ihrer Kleidung zeigen, wie wichtig ihr der Gottesdienst ist. 

Ich bin mir nicht sicher, ob alle diese schöne Gewohnheit der älteren Dame richtig gedeutet haben. Vermutlich ist das so wie mit vielen anderen Zeichen um uns herum. Wir gewöhnen uns an sie. Wir denken nicht mehr über sie nach. Wir reden nicht darüber. Und irgendwann wissen wir gar nicht mehr, wofür die einzelnen Zeichen stehen. Ja, oft kennen wir nicht einmal mehr ihre Namen. Oder wißt Ihr, daß der Vorhang am Altar Antependium genannt wird? Na klar, alle, die Latein in der Schule haben, wissen: „ante“ bedeutet vor und „pendere“ hängen. Antependien sind also die Vorhänge am Altar. Die Motive auf diesen Vorhängen sind unterschiedlich. Die Grundfarben dagegen wechseln entsprechend des Kirchenjahres zwischen weiß, grün, violett, rot und ganz selten schwarz. 

Auch wenn in unseren Kirchen in aller Regel keine Vorhänge vor den Fenstern hängen, was für Fenster im Vogtland ziemlich verwunderlich ist, es gibt überraschend viele Stoffe in unseren Kirchen. Die haben wieder einen lateinischen Namen: Paramente. „Parare“ bedeutet „bereiten“ und wird durch die Endung - „mentum“ zum Substantiv, welches das Mittel einer Tätigkeit bezeichnet. Ein Parament ist also ein Bereiter oder Vorbereiter. Es gibt ganz verschiedene Bereiter. Da sind die Tücher, die die Abendmahlsgeräte vor und nach der Feier verhüllen. Es gibt Tücher zum Reinigen der Kelche. Und natürlich gehören auch die Altardecken dazu. Neben dem Altarbehang (dem Antependium) kleiden in manchen Kirchen Tücher auch die Kanzel,  das Lesepult und gelegentlich den Taufstein. Nötig sind sie nicht. Aber werden sie verwendet, dann passen sie in Material und Gestaltung zum Altarbehang und Kirchenjahr.

Auch die Teppiche sollen den Weg und den Altarraum festlich schmücken. Sie gehören zum Rahmen, sind Schmuck für den Höhepunkt in jeder Woche, den Gottesdienst. Achtet ruhig einmal darauf, wieviel Mühe, Zeit und Kunst in die Gestaltung all dieser verschiedenen Tücher gesteckt wurden. Sie sind stille Diener (Vorbereiter) im Gottesdienst, die dabei helfen, das Wort Gottes mit mehr als nur dem Gehör und dem Verstand aufzunehmen.

Die Generationen vor uns haben jedenfalls mit viel Sorgfalt und Liebe die Stoffe für ihre Kirchen und die Gottesdienste darin ausgewählt und gestaltet und auch damit unseren Vater im Himmel, Jesus Christus, unseren Herrn, und den Heiligen Geist gefeiert. Sie sind also ein stilles, aber sichtbares Gotteslob.